Unterwegs auf dem Rheinsteig von Lorch nach Assmanshausen
15,3 km (mit Zuwegen), nicht die ganze, offizielle 17. Etappe, meine persönliche Etappe 22
gewandert am 1. November 2016
gpx-Track: https://www.outdooractive.com/de/wanderung/taunus/rheinsteig-17.-etappe-verkuerzt-lorch–assmanshausen/113766262/
In Hessen ist an Allerheiligen kein Feiertag. Ich frühstücke nach meiner Übernachtung im „Gästehaus Mittendrin“ in der angrenzenden Bäckerei. Das Frühstück dort ist im Zimmerpreis enthalten und ich darf mir ganz frei aussuchen, was ich möchte. Nach dem Frühstück zahle ich mein Zimmer in selbiger Bäckerei, gehe mein Köfferchen auf dem Zimmer holen, laufe zum Auto, verstaue meinen Koffer wieder darin und schultere meinen Rucksack. Dann laufe ich los.
Doch Stopp! Ich habe den Hotelschlüssel ja immer noch in meiner Jackentasche! Also, schnell nochmal zurück zur Bäckerei. Ups, peinlich! Endlich gegen 10 h ging es dann weiter. Der Rheinsteig, der direkt durch den Ort führt, windet sich auf einem kurvenreichen Sträßchen auf die Höhe hinauf und dort über einen breiten Weg durch die Weinberge, vorbei an alten Trockensteinmauern aus Schiefer. Der „Bächergrund“ ist ein Geländeeinschnitt, der umgangen werden muss, ohne groß an Höhe einzubüßen.
Es ist noch recht neblig. Lorch kann ich rückblickend noch erkennen, doch den Rhein oder die Berggipfel sehe ich nicht.
Es ist bis jetzt recht einsam auf dem Weg und ruhig. Vielleicht hört man auch wegen des Nebels wenig von den Güterzügen, die ihm Tal vorbeirauschen? Von der anderen Rheinseite schallt mir um 11 h langes Allerheiligen-Glockengeläut herüber, ohne, dass ich die Kirche oder den Ort Niederheimbach sehen kann. Ja, in Rheinland-Pfalz ist Feiertag. Das Wetter soll laut Vorhersage noch gut werden und so wird es auch! Aber es bleibt den ganzen Tag dennoch etwas diesig. Schaut her:
Mit mehr und mehr Sonne erblicke ich auch die Burgen auf der anderen Rheinseite. Mein Wanderführer zählt sechs Burgen auf, ich erspähe nur zwei, eine davon neben einem riesigen Abbau-Areal: Burg Sooneck.
Nach zwei Wildgattern geht es sich besonders gemütlich auf ebenem Weg an der Bergflanke entlang. Der Hessenweg 7 begleitet mich.
Nach einer Kurve öffnet sich der Blick und ein hübsch angelegter Rastplatz mit Schutzhütte und Bänken lädt zur Pause ein: Georgs Ruh. Hier treffe ich auch auf entgegen kommende Gleichgesinnte.
Gespannt bin ich auf den Teufelskadrich. So richtig kann ich aus meinem Wanderbuch nicht herauslesen, was genau dieser Teufelskadrich ist: ein Fels oder ein Berg? Zumindest steht hier wieder etwas von hoher Konzentration und der schon oft erwähnten Trittsicherheit auf dem felsigen Steig dahinter. Heute macht mir die Aussicht darauf wieder etwas Bammel.
Hinterm Bodenbachtal mit einem kleinen dunklen Weiher und dem Abzweig zum Campingplatz Suleika kommt das Hinweisschild zum Teufelskadrich und ich laufe kurz ein Stück bergan und gehe dann gemütlich an seiner Hangflanke entlang. Der Untergrund ist steinig und an mehreren Stellen sieht man nur noch Geröllhalden, wo sonst nichts mehr wächst. Hier muss sich wohl öfter mal Gestein lösen und zu Tal rutschen.
Stattliche Kiefern, knorrige Krüppeleichen und schlanke Birken und der mittlerweile blaue Himmel ergeben mit dem hellen Gestein ein wunderschönes Ensemble. Der breite Weg verläuft völlig eben und unproblematisch. An einer Aussichtsstelle steht eine Bank. So schön! Das ist wovor ich Bammel hatte? Dafür brauche ich Trittsicherheit?
Vermutlich wäre es so gewesen, wenn ich einem kleinen Pfad links steil den Berg hinauf gefolgt wäre, der auf den Teufelskadrich hinwies, ich bleibe aber weiterhin dem so vertrauten, blauen Rheinsteigzeichen treu und der Weg führt mich leicht abwärts. Ich durchstreife dichten Laubwald und erreiche eine Wiese. Hier biege ich wieder in einen Wald ein und der Rheinsteig holt hier noch einmal zum Rundumschlag aus, so wunderschön und idyllisch ist dieser Abschnitt. Der mittlerweile schmale Pfad schlängelt sich zwischen urigen, knorrigen Bäumen und kleinen und größeren Felsbrocken hindurch.
Ja, stimmt, hier muss ich aufpassen, wohin ich trete. Trittsicherheit! Und dann kommt nach einer schmalen Wildtür ein recht unscheinbarer Fels, den es mit vier Schritten zu erklimmen gilt und wofür extra Halteseile angebracht sind. Da es rundum bewaldet ist, meldet sich mein Höhenschwindel überhaupt nicht. Ich steige beschwingt die wenigen Felsstufen hoch und denke bei mir: „Wenn das alles gewesen ist, nehme ich spätestens jetzt alle Hinweise in meinem Buch auf Trittsicherheit, die mir so oft im Vorhinein Unbehagen verursacht haben, nicht mehr ernst!“
Der Weg ist wunderschön. Was will ich mehr?
Schon wenige Meter weiter verändert sich die Landschaft und ich stehe in den Weinbergen von Assmannshausen, dem Assmannshauser Höllenberg. Kalter, scharfer Wind ist aufgekommen. Daher lockt es mich auch nicht, in dem filigranen Metall-Pavillon eine Pause zu machen. Die berühmt-berüchtigten Weinhäuschen oder Weinschränke, aus denen man sich von dem Rebensaft bedienen kann, entdecke ich irgendwie nicht – außer einen, der ist leer 🙂
Habe ich eigentlich schon erwähnt, wie schön das Weinlaub Farbe in die Novemberlandschaft zaubert?
Doch der Abstieg über die letzten 3 km zieht sich eine Dreiviertelstunde lang hin. Ich laufe nur noch auf Asphalt. Unter mir liegt Assmannshausen und ich sehe auch den Sessellift, der auf den Niederwald-Berg hinauffährt. Ebenso den Anstieg der nächsten Etappe habe ich gut im Blick.
Im Ort angekommen laufe ich sogar zur Talstation der Sesselbahn, die heute ihre letzte Fahrt vor dem Winter macht, aber nicht, um mich hinaufbringen zu lassen, sondern um mir einen Rheinsteigstempel abzuholen. Erst Ende März wird der Sessellift wieder öffnen.
Auf dem Weg zu dem hässlichsten Bahnhof, den ich je gesehen habe, lasse ich die Wanderung Revue passieren. Sie hat mich nicht so inspiriert, ich bin ein kleines bisschen enttäuscht. Kommt das, weil die Etappe am Tag zuvor so phantastisch war?
Jetzt beim Schreiben und Hochladen der Bilder allerdings gefällt mir die Etappe wieder richtig gut.
Nach meiner Bahnfahrt zurück nach Lorch kehre ich noch einmal kurz auf einen Kaffee im Weingut Rößler ein.